Blogger: Peitschenhiebe vs. Freie Meinungsäußerung
Du hast gerade einen tollen Blogartikel ( mit Tausend
Wörtern ) veröffentlicht und hast ihn promotet was das Zeug hält. Nun
wartest du auf viele Kommentare und freudige Willensbekundungen
begeisterter Leser in allen Social Media Kanälen.
Da
klingelt es plötzlich an deiner Haustür, im selben Moment wird diese
aber aus den Angeln gerissen und etliche schwer bewaffnete Uniformierte
reißen dich zu Boden, prügeln auf dich ein, zerren dich in ein Auto mit
verdunkelten Fenstern.
Tage später, du weißt
nicht wie viele, die du in einem dreckigen Loch voller Ungeziefer
verbringen musstest und du stinkst wie ein großer Hundehaufen, geht über
dir eine Klappe auf. Brutale Arme zerren dich hoch, du wirst mit einem
eiskalten Wasserstrahl abgespritzt und in eine blassrote Kluft gesteckt.
Dann
stehst du auf einmal vor einem dicken grinsenden Mann mit Perücke, der
erhöht sitzt und zu dir sagt, er sei der Richter Gottes und müsse jetzt
über dich ein gerechtes Urteil sprechen. Du willst einwenden, du bist
Atheist, aber ein Schlag von hinten lässt dich nicht ausreden und jemand
brüllt dir mit stinkendem Atem ins Ohr, du sollst das Maul halten und
nur reden, wenn du gefragt wirst.
Peitschenhiebe
Nach kurzer „Beweisaufnahme“, so nannte dieser Gottes-Richter die Farce, die da ablief, verkündete er das „Urteil“.
100 Peitschenhiebe und 12 Jahre schwerer Kerker.
Du
denkst, dich treten ein Dutzend Pferde auf einmal. Und das für einen
Blogartikel, in dem du nur deine Meinung formuliert hast!?
Freie Meinungsäußerung
Jetzt denkst du dir, das gibt es doch nicht bei uns, so was kann doch nur weit weit weg passieren.
Da
muss ich dir natürlich Recht geben, ein derartiges „Gerichtsverfahren“
ist bei uns im deutschsprachigen und europäischen Raum undenkbar.
Wir
können mit Genugtuung sagen, dass wir unter gesellschaftlichen
Bedingungen leben, wo die freie Meinungsäußerung als
Selbstverständlichkeit eben einfach normal ist. Niemand muss fürchten,
wenn er seine Meinung sagt oder an irgendwas Kritik übt, verfolgt oder
gar eingesperrt zu werden.
Weit weg?
Weit
entfernt ist ein relativer Begriff. Für jemanden ist Berlin oder
Hamburg schon weit weg, wenn er in der Provinz wo auch immer wohnt. Für
andere ist Australien , der Mond oder meinetwegen auch der Mars sehr
weit weg.
Nur ist Saudi-Arabien
wahrhaftig nicht außer der Welt, wenn ich daran denke, dass ich mit
meiner Frau auch schon mal Sommerurlaub in Ägypten und Tunesien
verbracht habe. Das ist ja von Saudi-Arabien nicht sonderlich weit weg.
Ich
will mich hier nicht über die politischen und religiösen Verhältnisse
auslassen, aber die Geschichte des saudischen Bloggers Raif Badawi,
der im vergangenen Jahr zu 1000 Stockhieben und 10 Jahre Haft
verurteilt wurde. Wie gnädig, dass die Stockhiebe in Raten verabreicht
werden sollten, auf 20 Wochen verteilt jeweils 50 Stockhiebe. Da Badawi
schon nach den ersten 50 Hieben schwer verletzt war, ist die
unmenschliche Prügelstrafe derzeit ausgesetzt.
Dafür,
dass er auf seinem Blog die Trennung von Staat und Religion
vorgeschlagen hatte und Muslime, Christen, Juden und Atheisten als
gleichwertig bezeichnet hatte, was als terroristische Handlung und
Infragestellung des Islam „gerichtlich gewürdigt“ wurde. Wie weit ist es
eigentlich bei so einer Geisteshaltung weg von IS?
Zurück in die Gefilde der Meinungsfreiheit
Ich
persönlich finde es schon schlimm, was alles in der Welt schief läuft.
Irak, Syrien, mittelalterlich anmutende Staatsgebilde ( siehe oben ),
und dazu noch dieser IS und die jüngsten Terroranschläge in Paris.
Zur
Jahrtausendwende glaubte ich noch, nun fängt sicher ein neues Zeitalter
an mit Frieden, Völkerverständigung, Überwindung von Armut etc.
Fehlanzeige:
An zig Ecken dieses Planeten Brandherde ohne Ende, kalter Krieg der
wieder aufkeimt, menschenverachtende Anschauungen ( einschließlich
Handlungen von Gehirnamputierten ), die an längst vergangene Zeitepochen
erinnern.
Als Internet Marketer und
Blogger registriert man politische Ereignisse, aber kommentiert sie in
der Regel nicht. Aber setze ich das Schicksal des Saudi-Bloggers ins
Verhältnis zu unserer viel gepriesenen Meinungsfreiheit, dann überkommt
mich in den letzten Wochen und Monaten ein mulmiges Gefühl, nämlich dass
sich in der freien Meinungsäußerung eine Unkultur breit macht, die
nicht als Randerscheinung abgetan werden sollte.
Ich
meine da nicht nur bestimmte Aufmärsche gleichgesinnter
Lumpenproletarier, bei denen sich nicht davor gescheut wird, Galgen zu
zeigen, an denen Merkel und Gabriel baumeln sollen.
Vor
allem was mir unangenehm aufstößt, ist der Fakt, dass es in den
sozialen Netzwerken Leute gibt, die es tierisch toll finden, zu
beschimpfen und zu beleidigen, was das Zeug hält.
Oder
ist es schon normal, dass welche posten, der " Gauck , dieser
Kinderficker muss entsorgt werden „ , " ihr seit bald fällig du
Judenfotze ", wobei dies mit dem Foto des kleinen an der türkischen
Küste ertrunkenen Jungen geziert wird, allerdings ist dem Jungen der
Kopf von Angela Merkel verpasst worden. Auch Obama wird nicht
ausgelassen, " tja Obama du Muslemschwein, wir hoffen du fängst bald ne
Kugel du Busdard ".
( Anmerkung: die Rechtschreibung musste leider übernommen werden )
Schlusspunkt
Ich mag mich nicht mit so was abfinden.
Hassprediger sind schon schlimm, Hass-Poster nicht minder.
Mein Blogger - Freund Hans Reuter von tages-gedanken.de hatte sich schon im Januar 2015 mit der Thematik in Freie Meinungsäußerung – wie frei sind Blogger? befasst. Solltest du mal reinlesen. Sehr lesenswert.
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